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LENTNER-ART

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  Meine Geschichte

Ich wurde geboren, was nicht verwunderlich ist, in den ersten Frühlingstagen des Jahres 1953 nach Christus. Kaum auf der Welt trieb es mich auch schon auf die Straße. Es ging mit Blaulicht in den Nachbarort, der Geburtsstadt des großen bayrischen Chronisten Johannes Aventinus, in das dortige Krankenhaus. Mir selbst ging es gut nur Mutter hatte Probleme bekommen bei meinem kommen.

Nach damaligen Recht waren Mutter und Vater noch nicht erwachsen. Eine Mutter und einen Vater hatte ich, die zwar schon dem Kindesalter entwachsen waren, aber immer noch zu den unmündigen Jugendlichen zählten. Obwohl mir meine Eltern einen so wunderschönen Namen wie Richard gaben, nannten mich alteingesessene den "Lentner Bastard". Das hatte damit zu tun, dass ich nicht im Schutze der katholischen Ehesakramente gezeugt wurde. Erst Jahre später wurde meine Existenz vor dem Gesetz und der Kirche legalisiert. Dies geschah so gründlich, dass sogar mein Geburtsname aus den Personenstandsbüchern entfernt wurde und dort jetzt nur noch "der Lentner" zu finden ist.

Da war ich nun, ich niederbayrische Bastard, machte genauso wie die feinen, kirchlich abgesegneten Geburten die Windeln voll. Von meiner Mutter habe ich dann auch später erfahren, die Windeln der Katholischen haben nicht feiner gerochen. Es gab also keinen Unterschied im Gestank zwischen mir den Bastard und den anderen geschützt gezeugten.

Donnerstag Abend um kurz nach sieben geboren und dann ab ins Krankenhaus, das hieß für meinen Erzeuger - freitags ab zu Frau und Kind ins Krankenhaus. Zur Unterstützung hat er sich seine Kumpels mitgenommen. Für mich bedeutete dieser Besuch, das erste Mal meinen Zeuger Aug in Aug zu sehen. Ich sollte aber davor noch auf eine harte Probe gestellt werden. Nun der Freitag kam und mit ihm kamen da 3 bis 5 junge Burschen in das Krankenzimmer gestürzt hin zu der Frau die mich 9 Monate lang mit sich herumtrug und zu der ich Mutter sagte als ich sprechen konnte. Die nächste Tat jener Horde, die in ihrer Mitte jenen Knaben hatten dessen Vornamen ich jetzt schon trug und dessen Familiennamen ich Jahre später auch noch tragen durfte, war auf die nächste Bettstatt zu stürzen und den wunderbaren Jungen zu bewundern, auch wurde sehr rege die Ähnlichkeit festgestellt die jener Knabe mit dem jungen Mann in ihrer Mitte hatte. Meine Mutter lotste dann die Meute zu der Bettstatt in der ich lag. Die Vaterschaft des 3 Monate alten Babys, das da in dem Zimmer noch lag wurde nicht mehr überprüft, so dass ich bis heute nicht sagen kann, ob ich da mit meinem Halbbruder gleich nach der Geburt in einem Krankenzimmer lag.

Nach 10 Tagen Krankenhausaufenthalt, in denen ich mich prächtig entwickelte, ging es dann wieder zurück in meine Geburtsstadt, die so neu war, dass sie dies sogar in ihrem Namen zum Ausdruck brachte. Bedingt, dass andere Städte auf die gleiche Idee kamen haben sie sich zur besseren Orientierung den Beinamen "an der Donau" gegeben. 

Als ich nun so als neuer Erdenbürger in meiner weißen Gitterbettstatt lag hatte ich mir sehr schnell 2 Dinge vorgenommen. Zum einen wollte ich so schnell wie möglich DICHTER werden und zum anderen stand die Fortbewegung auf 2 Beinen auf meinem Programm. Dichter zu werden, musste ich feststellen ist eine sehr schwer zu bewältigende Aufgabe. Doch im Gegensatz zur damaligen Zeit, kann man heute ganz gute Tarnobjekte käuflich erwerben und zwar egal welchen Alters man ist.

Bei der Sache mit dem Laufen hatte ich es mit 2 Gegnern zu tun. Da waren erst mal meine Beine, die nicht immer so wollten wie ich und dann gab es noch meine Mutter und Oma, die meine ganzes Trainingsprogramm torpedierten, in dem sie mich durch übermäßige zufuhr von Nahrungsmittel fast bis zur Kugelform brachten. Dies war meinem Lauftraining natürlich nicht so förderlich, so dass ich erst nach 9 Monaten selbständig auf eigenen Beinen fortbewegen konnte.  

Dichter war ich zwar immer noch nicht nach 9 Monaten aber dadurch, dass ich in Punkto Fortbewegung auf andere nicht mehr angewiesen war, hatte ich jetzt doch ein großes Stück Freiheit gewonnen.

Bald erkannte ich, dass die Freiheit, die ich mit dem selbständigen Laufen bekam, auch seine Schattenseiten hatte. Die Dinge, die ich schon die ganze Zeit begierig vom Arm meiner Mutter oder Oma herab betrachtet hatte, und die ich jetzt ja problemlos erreichen konnte, sie hatten grundlos ihren Standplatz gewechselt. Mit einem Mal wollten alle für mich interessanten Dinge Höhenluft atmen und hatten ihren Aufenthaltsort in eine von mir nicht erreichbare Höhe verlagert. Was mir blieb waren langweilige bunte Holzklötze und eine große Entdeckung und zwar, dass man diese Holzbretter, die die Großen Türen nannten, öffnen konnte. Und manchmal standen sie auch einfach auf und ließen mich in Räume gelangen, wo sich die dort wohnenden noch mit den Niederungen des Lebens zufriedengaben und, so wie sich mir die Sache darstellte, darauf warteten von mir entdeckt zu werden. Hatte ich mal wieder die Gelegenheit, ungestört und unbeobachtet auf Entdeckungsreise zu gehen, dann dauert es nicht lange und ich hörte schon wieder dieses rufen nach einen Richard. Die meinten da bestimmt meinen Vater, der hieß ja Richard. Nur der war ja höchst selten da, denn zu der Zeit war ich ja noch nicht legalisiert und er kam nur immer zu Besuch. Wieso riefen die also immer nach ihm und haben dann immer sofort mit dem rufen aufgehört, als sie mich sahen. Wollten sie mich nicht an meinen Vater erinnern? Außerdem waren sie immer sehr ungeschickt, denn jedes Mal, wenn sie mich von meinen Studien fortnahmen hinterließen sie an der Stelle wo ich mich befand, entweder Dreck oder Scherben und von solchen Erwachsenen sollte ich fürs Leben lernen.

Meine Mobilität brachte für mich auch noch ein anderes Problem mit. Spätestens seit diesem Zeitpunkt muss mich meine Mutter wohl als Schaufensterpuppe betrachtet haben. Heute würde man mich als "Dresschild'" titulieren. Damals, Anfang der 50iger Jahren hat man Mode noch überwiegend an Puppen vorgeführt. Das Geschäft mit Modeschauen und Modekatalogen war Gott sei Dank damals noch nicht so verbreitet. Wer weiß was mich da sonst so alles erwartet hätte. Mir hat schon gereicht, dass mich meine Mutter immer wieder in so unbequeme starre Hosen zwängte und die Pullover, sie waren zwar modisch, aber auch kratzig und eng, diesen Nachteil hatte ich meiner überaus großzügigen Ernährung zu verdanken. Das schlimmste aber war, dass meine Mutter meinte, nur weil ich dieses modische Zeug anhabe sollte ich meine Gewohnheiten, wie in Pfützen stampfen um mir über die Fluchtwege von Wassertropfen ein eigenes Bild zu machen, verzichten. Auch meinte sie, es wäre nicht notwendig, dass ich herausfinde ob sich ein staubiger Weg anders anfühlt, wenn man auf ihm liegt, statt auf ihm zu gehen. Das schlimmste aber war, dass die Erwachsenen, immer wenn sie mich so kostümiert sahen, unisono sagten "ganz der große Richard" andere sagten "ganz da Succo", das waren Einheimische die wahrscheinlich gar nicht mehr wussten wie mein Vater richtig hieß, sie kannten ihn halt nur noch unter seinem Spitznamen. Es stimmte aber nicht was die alten da sagten, denn der große Richard der kraxelte in den Bergen herum, robbte über dreckigen Boden und keiner verlangte vom ihm, er solle sich doch nicht schmutzig machen. Das war einfach unfaire, deshalb hinterlies ich als Rache immer recht üppige und stinkende Haufen in meiner Windel und das schöne daran, die waren ja damals weder dicht noch formstabil.

Neun Monate meines Erdendaseins waren vergangen. Ich konnte auf meinen eigenen Füßen stehen, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Doch das Leben hielt noch eine unangenehme Erfahrung für mein junges Leben bereit. So mit dem Abstand ganzer Jahrzehnte denke ich mir oft, dass es damals wohl jemand recht gut mit mir meinte. Es war zwar sicherlich eine schreckliche Zeit mit Schmerzen und Ängsten, die meinen kleinen Körper peinigten, aber das Gute daran, meine Software war noch nicht auf speichern programmiert. Mir fehlt also jegliche Erinnerung, wie ich vor Schmerzen nicht mehr aufhörte zu weinen. Meine Körpertemperatur stieg und der Arzt, den man doch noch holte, er wies mich sofort ins Krankenhaus ein. Das 2. mal innerhalb eines ¾ Jahres, dass ich mich in so einer Einrichtung aufhalten musste. Diesmal war ich sogar die Hauptperson, keine Begleitperson. Es ging diesmal auch ein wenig weiter weg. In Regensburg war die nächste Kinderstation und dorthin kam ich auch und man schnitt mir meinen kleinen Bauch auf und beraubte mich meines Blinddarms. Sie behaupteten das wäre gut, weil jener kleine Wurmfortsatz es wäre, der mir so viel Scherzen bereitete. Nur was wussten die schon, diese weiß gekleideten Herrschaften. Schmerzen hatte ich doch immer noch. Da war der Schnitt, den sie mit Nadel und Faden genäht haben, ganz so als wäre mein Bauch ein Stück Stoff. Dann immer diese vielen fremden Frauen, die mich immer auszogen und mit frischen Windeln versorgten. Bisher machte das nur meine Mutter und ausnahmsweise mal meine Oma, aber jetzt hier, alle gleich gekleidet und mit nichts anderem beschäftigt mein Unterteil frei zu legen und sich an dem Anblick zu ergötzen. Mein Gott was habe ich mich da immer geschämt. Ab und zu ließen sie meine Mutter zu mir an mein Bettchen, in dem ich eingesperrt war und traurig darin stand, wie ein alter Tanzbär in seinem viel zu kleinen Käfig.

Das waren 14 schlimme Tage, die schlimmsten Tage in meinem damaligen Leben. Nachher, da sollte es aber nur noch besser werden. Kein Krankenhaus hat mich nicht mehr seit dieser Zeit als Kunde gesehen. Das könnte aber auch daran liegen, dass man früher noch dauerhaft haltende Arbeit abgeliefert hat, Krankenhäuser waren davon nicht ausgenommen.

 

Nach dem Krankenhausaufenthalt war eine Belohnung fällig. Immerhin kam ich ohne größeren Schaden wieder aus jenem großen Haus und was noch wichtiger war, keiner meiner Betreuer und Behandler trug bleibende Schäden, auf Grund der Begegnung mit mir, davon.

 

Eine Belohnung für den kleinen Richard, die aber auch gleichzeitig einen Nutzen haben sollte. Schon bald kam man deshalb auf die Idee mir ein Pferd zu schenken. Tiere sind für die Entwicklung eines Kindes immer gut und so ein Pferd hat den Vorteil, dass es den kleinen Entdecker von allem beweglichen und nicht festgemauerten fernhält und ihn trotzdem zur Bewegung anspornt. Es war beschlossene Sache und bald schon war das Pferd in meinem Besitz.

 

Der Sattel, eine schöne ebene Fläche, gepolstert mit einem weichen Kissen und ringsum, zur Einschränkung meiner Spontanausflüge, ein hölzernes Gatter. Ein Schaukelpferd war fortan meine Leidenschaft und ausgestattet mit schmucker Reiterkappe ging’s auf dem Rücken meines Schaukelpferdes, im wilden Ritt, über Stock und Stein.

 

                                                                        

 

(Alles Weitere wird man hier mit der Zeit noch lesen können)

 

 

 

 

 
 

 
 

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